RE: 9. Freie Liebe - 3

#31 von Gefuehlsbulldozer , 21.09.2018 09:58

Vielleicht geht es in dem Song am Ende gar nicht darum, eindeutig Position zu beziehen (hier wären wir wieder beim Thema Meinungsfrei ;)). Ich, als jemand, der Polygamie per se sehr entspannt gegenübersteht, kann mich mit dem Song trotzdem identifizieren. Es wird einfach alles Schöne an der Idee rausgekürzt, bis nur noch Absurdität (und Sperma) übrig bleiben. :) Diese Überspitzung ist super, um gewisse Dinge und Einstellungen in Frage zu stellen. Nach dem Motto "Eigentlich finde ich das Konzept Polygamie in Ordnung, aber wenn man es mal ganz nüchtern betrachtet, ist es im Grunde sehr unromantisch und absurd. Was genau finde ich denn dann daran eigentlich gut?" Das ließe sich im Prinzip auf alle persönliche Vorlieben und Lebensweisen anwenden... Was meiner Meinung nach aber auf jeden Fall kritisiert wird, ist das scheuklappenartige Missionarsdenken... Die Idee, dass Polygamie die universelle Lösung aller Beziehungsunannehmlichkeiten ist. Die allgemeine Kritik an einseitigen Ansichten ist ja auch typisch für Alligatoah-Songs, finde ich.

Der Song ist für mich auch ganz weit oben im Ranking! <3

#32 von Gnauf , 21.09.2018 11:10

Ich finde, Alligatoah nimmt doch ganz bewusst diese Leute aufs Korn, die betont progressiv sein müssen und das auch genauso der ganzen Welt mitteilen müssen, wie krass sie doch unterwegs sind.

Ein anderer Interpretationsansatz wäre, dass der Protagonist eigentlich gar nicht so von der polygamen Idee überzeugt ist, aber aus Angst allein zu sein bzw seine Freundin zu verlieren, geht er halt mit und beschreibt betont begeistert, wie toll er doch alles findet, schießt dabei aber übers Ziel hinaus.

#33 von Loeffeluri , 21.09.2018 12:08

Ich denke der Gedanke hinter diesem Song ist der Message von "Wie Zuhause" nicht unähnlich. Hat er ja in einem Interview zugegeben. Er reist gerne und das Konzept von Polygamie ist für ihn auch kein Dorn im Auge, aber es gibt ja auch eine immer größere Community, die - wie Gnauf erwähnt hat - ihre Progressivität überall zeigen muss. Und dann unter Umständen vor einer riesigen kognitiven Dissonanz steht.

Also ein ad-absurdum-Führen von übertrieben liberalen Einstellungen. "Oh, du magst 'Freie Liebe', 'keine Grenzen Setzen'? Dann wohl bestimmt auch bestimmt wenn deine Liebste aus dem Mund nach fremdem Sperma riecht". Quasi ein neckisches Abtasten ob die Einstellung der persiflierten Person überhaupt so sattelfest ist.

Ist also eher ein Diss gegen Cherrypicking bei "progressiven Einstellungen". Könnte man z.B. auch 1zu1 auf jemanden ummünzen der sagt "Yay ich will Anarchismus", aber dabei die offensichtlichen negativen Aspekte einer solchen Staatsform romantisieren würde.

#34 von KptnAvocado , 21.09.2018 20:01

Seit ich den Song auf einer halbwegs guten Anlage gehört habe, macht er mich ein biiieschen verrückt. Der Sound der Gitarre ist so nice und in der Hook wird so eine Vorfreuede auf baldiges Eskalieren oder zumindest Metaliger-werden ausgelöst, das dann aber nicht kommt, Frustrierte mich

Außerdem scheint er mir auf diesem Gebiet Meinungsfrei. Ich denke nicht, dass er da jemanden aufs Korn nimmt, höchstens sich selbst. Also, dass lyrisches Ich ihn auf die unweigerlich mitschwingenden, eher unästhetischen Aspekte hinweist. Das lyrische Ich kommt zu einer Wertung, er selber... Keine Ahnung so

#35 von AnnoyingFlo , 22.09.2018 07:36

Ich finde die Tonabmischung bei den Song leider echt grauenhaft... Der Beat ist viel zu laut, sodass ich Kalli leider überhaupt nicht verstehen kann, was das Hören echt nervig und anstrengend macht... Schade...

#36 von BlueberryMuffin , 01.10.2018 19:45

Zitat von Lyricrose im Beitrag #11
Aus einem der im Interview-Thread geposteten Textinterviews:

"Ich möchte auch nicht Leute fertigmachen, die polygam leben und freie Liebe praktizieren, weil ich selbst diesen Lebensstil sehr sympathisch finde. Ich stelle gerade auf diesem Album viele meiner eigenen und persönlichen Wesenszüge in Frage. Zum Beispiel geht es bei dem Song „Freie Liebe“ darum, diese schönen Worte, in die dieser Lebensstil oft gekleidet wird, mit dem zu konfrontieren, was die harte, schwitzige Körperflüssigkeiten-Realität hinter der ganzen Sache ist."

Ich wollte mich gerade über den Song beschweren, aber dieses Zitat beruhigt mich ein bisschen

War auch ein bisschen so bei Wunderschöne Frau, bis er erklärt hat, dass es kein Angriff auf die Transgender-Gemeinschaft war :)

#37 von adrenalina , 10.10.2018 18:13

Absoluter Lieblingstrack und Ohrwurm - sorgt gesanglich vor allem in der Liveversion für Gänsehaut bei mir.

Meine Interpretation: Das lyrische Ich lebt in einer "offenen" (nicht polyAMORen) Beziehung, kommt damit aber doch nicht so gut klar wie seine Angetraute. Aus dem Text geht ja auch eher ein einseitiges Ausleben dieser freien "Liebe" hervor. Insofern sind die zynischen Lines sehr passend.

Alligatoahs Interviewzitat find ich da sehr interessant - "sympathisch" finden bestimmt viele den Gedanken einer offenen Beziehung, in der Realität scheitert es dann aber doch oft an dem, was es tatsächlich bedeutet oder bedeuten kann oder in den Köpfen der Personen bedeutet - wie auch immer.

Das war mein Senf dazu, ohne Anspruch auf Vollständigkeit & mit einem Fazit: Genialer Track mit der absolut passenden Wort-Ton-Ambivalenz wie das Thema als solches.

#38 von Musikah , 14.11.2018 01:14

Hat sich mittlerweile bei mir eindeutig zum zweitbesten Songs des Albums gemausert. Ich muss grade wieder dran denken wie ich ein paar Tage nach dem "STRW V"-Release am Flughafen Barcelona gechillt hab und wie weird es war, diesen Song (wenn natürlich auch mit Kopfhörern) in der Öffentlichkeit zu pumpen.

#39 von Maria Mittwoch , 03.01.2019 23:23

Ich sehe das so wie Gefuehlsbulldozer, würde den Kommentar 1:1 unterschreiben.
Sex an sich ist schon absurd, ich habe versucht die Sache meinem Kind zu erklären und er war, gelinde gesagt, ziemlich angewidert :-D

Ich bin sehr fasziniert von der Textzeile

Zitat
Lass dich gehn, ich lass dich gehn
komm!

Da steckt viel drin, schöne Dynamik!

Am denkwürdigsten finde ich allerdings folgende Lines:

Zitat
Keine Zäune, keine Fesseln, wir brauchen keinen Halt
Wir sind die freiesten Menschen, wir sind im freien Fall

Beziehungen brauchen wenigstens ein paar Regeln, daraus resultiert der Glaube an eine gewisse Verlässlichkeit.
Gibt es in einer Beziehung keine Exklusivität mehr, d.h. alle Geschlechtspartner sind gleichrangig und es gibt nichts, was eben nur für die ursprüngliche Beziehung "heilig" bleibt, dann kann man sich der Beständigkeit derselbigen nicht länger sicher sein.
In dem Song heißt es ja auch

Zitat
Wir haben die gleichen Träume, die gleichen Herzen, den gleichen Tripper

Diese Gleichheit könnte man als Beliebigkeit übersetzen. Es ist egal, mit wem man schläft, Menschen sind austauschbar, es geht nur um den Sex als etwas losgelöstes, eine reine Triebbefriedigung, die sich oberflächlich gut anfühlt, aber innen hohl und gegenstandslos ist.

#40 von Musikah , 26.01.2019 00:28

Ey ElZee, was sagtest du nochmal letztens auf'm Discord über den Song?

#41 von ElZee , 26.01.2019 00:28

Dass er von der Novelty lebt.

#42 von Musikah , 26.01.2019 00:29

Danke!

#43 von ElZee , 27.01.2019 01:23

Wofür wolltest du das jetzt wissen, wenn nicht, um mich darüber zu fighten?

#44 von Musikah , 27.01.2019 01:27

Um dich im Reviewtext zum STRW V Voting zu quoten.