Oha.
Also musikalisch ist der Song natürlich nicht so ausufernd wie "Wie Zuhause" und natürlich gefühlt etwas zu kurz, aber ich finde die Prägnanz in der Aussage des Songs - und die mehreren Stilebenen - schon ziemlich stark. Ich dachte erst "hups, wenn man den Track so interpretiert, wirkt es echt konservativ", aber als ich es genauer durchdacht hatte, fiel mir ca. auf was er wahrscheinlich mit diesem Track aussagen will.
Political correctness hin oder her, ich finde der Song zielt eher darauf ab, "extrem Linksprogressive" etwas zurückzupfeifen. Er nimmt natürlich (wie quasi immer) die Rolle des zu Kritisierenden ein, und anstatt dass hier nur straight ironisch über einen Mangel gerappt wird (wie es bei "Lass Liegen"), hält sich der Protagonist im Song selbst den Spiegel vor.
Wie das? Ich versuch es mal prägnant so zu beschreiben, wie ich den Song sehe: Es gibt Massen an Stichwort-Droppings, die alle einen aktuellen popkulturellen Hintergrund haben. Intimbehaarung, Dominanzspielchen beim Sex, "Nicht nur auf Äußerlichkeiten achten", Schlankheitsbegriff, sexistischer Rap etc.
So ein bisschen lese ich das als Stichelei gegen die "Vice-Kultur" a la "Ich muss unbedingt Thematiken, bei denen ich mich anti-mainstream positioniere, zur Schau stellen". Eben wie schon gesagt als "Zurückpfeifen" von Leuten, die laut damit prahlen, dass sie sich nicht rasieren, "abseits der Konformität leben", "völlig einvernehmlich" ihre Freundin würgen, die unter Tränen Gebete in ihren Rauschebart schluchzt, bis ihre Seele entschwebt...
und das Sahnehäubchen an der Sache ist dann, dass der Protagonist ja sein Luftschloss aus seiner selbst proklamierten "Anything goes"-Mentalität damit einreißt, dass er seine Freundin eben "Hoe" nennt...was natürlich so gar nicht in seine libertäre Haltung zu allen anderen Themen passt. Durch die gewollte Aufhebung von Schubladendenken sind in den letzten Jahren nur andere Schubladen entstanden sind, die auf manche Menschen genauso "einengend" wirken. Da wird es eben in extremen Kreisen so verkauft, als MÜSSE man auf die Körperrasur verzichten, als MÜSSE man nur auf den Charakter anstatt das Aussehen schauen, als MÜSSE man unbedingt extreme Sachen im Bett "super einvernehmlich" praktizieren um maximal zu bonden etc. Und der frühere Schlankheitswahn hat sich 1zu1 umgekehrt in die (thx an dieser Stelle an Finu) "ekelhafte Gym-Kultur", da durch das Idealbild von "thiccen" und trainierten Frauen genauso eine idealistische Monokultur geschaffen wurde wie das früher bei "90 60 90" der Fall war.
Die Freiheit und Emanzipation, die der Protagonist des Tracks so postuliert, persifliert sich selbst durch eine neue moralische Indoktrinierung, nur eben von der angeblich "progressiven" Seite aus.
Also, musikalisch ist das kein Top-Track von ihm, aber den Inhalt finde ich messerscharf .
Zitat von ElZee im Beitrag Peinliche Confessions à la Rey #2
Ich hab mich neulich zum ersten mal eingeschissen.
Nice.
Zitat von T!me im Beitrag RE: Buglist
So richtig Anti ist bist du aber trotzdem nicht!
Der dritte Song, den ich prinzipiell nice fände, würde er mich catchen.
Nur leider tut er es nicht.
Zitat von Der OG
Mach dich mal cremig.
@Bobby Stankovic
Jo, ich hatte auch nicht das Gefühl zu streiten. Ich dachte nur, dass man ja darüber diskutieren könnte - dafür sind Foren ja da. Wenn alle das gleiche sagen, wird's ja auch irgendwann langweilig.
Erstmal, was ich mit mit den beiden Aussagen "Kunst soll sich nicht mit Privatem verbinden" und "Klischees, die nicht durchgezogen werden" meine:
Ich beziehe mich dabei auf den letzten Abschnitt des Tracks, insbesondere "Und weil sie Kunst besser findet ohne Sittengesetz". Hier sehe ich Parallelen zur kürzlichen Debatte um die Personen Kollegah und Farid Bang, die ja ihre Ausschwitz-Line brachten, was ja einen rie-sen-gro-ßen Aufschrei nach sich zog, in allen Medien. [EDIT: Dass er an Kollegah zumindest *dachte* beim Schreiben des Textes, zeigt ja die Boss-Line ganz gut, finde ich.] Ob jetzt die beiden irgendwelche Gedanken außer Provokation dahinter hatten sei mal dahingestellt, aber ich sehe hier definitiv eine Parallele zu Kallis Line. In einer Talksendung war auch Bushido zu Gast, der für seinen sexistischen Rap angegriffen wurde. In allen diesen Fällen hilft es einfach, die Kunstfigur nicht mit der Privatperson zu vermischen.
Dass in sexistischem Rap immer wieder Klischees aufgegriffen werden, dass Frauen dauernd zum Sexobjekt degradiert werden, habe ich mit der zweiten Aussage gemeint. Die werden hier leicht angeschnitten, aber dann umgedreht. (Er zieht sie nicht durch.)
Zitat von Bobby Stankovic im Beitrag #15Im Kern meinten wir das gleiche, nur würde ich es einfach nicht Political Correctness nennen.
Nichtsdestotrotz ist das Kernmotiv des Tracks ziemlich eindeutig Political Correctness. Alles spricht dafür: das Diskursstichwortropping, die von dir zitierten Gendering-Witze, die Tatsache, dass es hier um ein Gutmenschenmädchen geht, die Verweise auf die männliche Seite der Emanzipationsbewegung, die für Sprachfaschisten eine freche Provokation darstellende "Hook", sowie das Ende, das ihn selbst augenzwinkernd als sexistischen Rapper ausweist.
Keine Ahnung, wie man das anders sehen kann.
Bobby will einfach nur beweisen, dass er Recht hatte mit seiner Vorhersage.
Zitat von BlueberryMuffin im Beitrag Kurioses aus aller Welt
Hmm. Ja. Meiner Ansicht nach ist es schon ein bisschen bedenklich, wenn man ohne Weiteres versucht seine Freunde zu masturbieren.
Also ich verstehe schon wo ihr herkommt, dass ihr das Lied als Kritik über "achso-emanzipierte-Linke" seht, aber tatsächlich würde ich das in klassischer Battleraptradition von "einen Drauf", "Rabenväter" etc. lesen: nämlich als tatsächlich vertretene Aussagen, die aber aufzeigen, dass Frauen in einer gleichberechtigten Beziehung doch genau das gleiche tun können wie im traditionellen Familienbild, aber eben nicht durch Zwang, sondern freie Entscheidung.
Ebenso würde ich auch das mit Nietzsche deuten: die Frauen des 21. Jahrhunderts sprechen eben nicht nur über GNTM oder in dem Fall Sex, sondern eben auch über Themen, die zumindest einen gewissen Grad an Vorbildung erfordern (Nietzsche gilt ja nicht ganz zu Unrecht als schwer zugänglich und komplex). Die doppelte Betonung des zeitgemäß ist doch eigentlich nur eine gute Vorbereitung für eine Aussage, die sich gegen die Klassifikationen in ordinal skalierte Bewertungsmuster stellt. Und zu guter letzt wird halt noch mit der Aussage verhandelt, die auch öfter mal gedroppt wird in dem Zusammenhang: "Wenn du so aufgeklärt und emanzipiert bist, warum hörst du dann SSIO, Haftbefehl SXTN () etc.???" und entlarvt ja damit die Unlogik, die dahintersteht: Weil man ja auch als Mann, wenn man sexistischen Rap hört, nicht automatisch Sexist ist und die gehörten Dinge so 1:1 umsetzt bzw. in seinen Wortschatz übernimmt. Dennoch glaube ich das der Song nicht ganz eindeutig ist. Zum Beispiel die Adlibs "Passantin, Grizzlybärin" kann man halt auch als Kritik am Gendering lesen.
Nichtsdestotrotz mit chilligem Beat und einem sehr schönen Text wieder ein hart nicer Song. Hätte mir noch eine kleine Hook gewünscht.
Solidaritäter.
Zitat von Fritz54 im Beitrag Kaufen Sie Reisepässe,Führerschein,Personalausweis,TOEFL,IELTS
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Er hat halt einfach einen Song über "Seine Hoe" gemacht aber komplett vom Standard umgedreht. Das ist das Hauptthema. political correctness ist nur ein winziges Beiwerk was da nebenbei läuft. Nur bei denreingerufenen gegenderten Wörtern kann man es eindeutig festmachen. Und wenn da etwas zweifellos wäre, würden nicht x Leute ihren Zweifel äußern.
Finde es dann auch viel interessanter, dass der Text so verschieden interpretiert werden kann. Ich finde das unglaublich spannend und ich kann mir vorstellen, dass Alligatoah mit diesem Song einfach einen Anfang für ein Gespräch bietet. Gewollt oder nicht. Für mich hat sich fast alles nämlich beim hören total positiv angehört. Intellektuelle Verbindungen, Angeben durch ihren Intellekt, "Yeah, endlich Gefühle zeigen", safe words für BDSM Spielchen, Fairer Haushalt. Der Part mit der nicht einschränkenden Beziehung spricht mir auch aus der Seele. Er benutzt dann natürlich auch Wortwitz wie "Sie muss sich Bücken" in einem Song der "Meine Hoe" heißt, hat natürlich meist eine andere Bedeutung.
Das Ende ist dann auch sehr witzig, weil er seiner Hoe mit diesem Song ja dann quasi einen Song geschenkt hat, den sie nicht mag. Kann auch dementsprechend darauf hinweisen, dass Uri recht hat und eher als Kritik gegen Progressiv zu sehen ist. Sehr spannend.
Zitat von fyzzo im Beitrag #23
. Der Part mit der nicht einschränkenden Beziehung spricht mir auch aus der Seele.
Zitat
Das lyrische Ich erlaubt es seiner Freundin, auch männliche Freunde zu haben, da es sie nicht in ihrer Wahl ihres Freundeskreises beschränken möchte.
Des Weiteren ist ein Treueeid in einem Umfeld ohne andere potentielle Partner (wie etwa ein Gefängnis) wertlos – wie soll man zeigen, dass man ihn einhält?
als das ich darin eine "offene Beziehung" oder Polygamie lese. Ist aber vllt auch Interpretationsspielraum.
People change people.
Ich meinte ja auch nicht offene Beziehung oder Polygamie ^^ Ich hab nur "nicht einschränkend" gesagt, da, wie der Mensch auf genius auch schrieb, das lyrische ich seine Hoe nicht einschränkt männliche Freunde zu haben ;)
edit: kannst du mir den genius link mal geben?
Cooler Track, klanglich nichts besonderes, aber gut und dafür, wie man hier sieht, vielseitig interpretierbar. Es werden viele Themen angesprochen, die aber irgendwie zusammenhängen.
Political correctnes ist ein Thema, gerade dieses übertriebene herumgegendere natürlich, was die Forderungen einiger Sprachnazis schön persifliert. Außerdem die Art der Beziehung und wie das lI über sie spricht. Letztendlich das, was sich eine emanzipierte Frau wünscht, was die Aspekte Aussehen, Haushalt und letztendlich Respekt betrifft. Im Gegensatz dazu die sonst meist in eher sexistisch angehauchten Kontexten verwendete Bezeichnung Hoe.
Aber mir scheint es, als sei das nur nebensächlich und letztendlcih geht es um die Kust-Thematik, wie in der Zensor Teil 2. Also, dass das ganze Pc geplänkel nur eine (sehr lange) vorbereitung dafür ist.
Zitat von Loeffeluri im Beitrag #16
Political correctness hin oder her, ich finde der Song zielt eher darauf ab, "extrem Linksprogressive" etwas zurückzupfeifen.
.
Zitat von Bobby Stankovic im Beitrag #22Diesmal ein richtiger, wa? ;PZitat von Gnauf im Beitrag #20
Bobby will einfach nur beweisen, dass er Recht hatte mit seiner Vorhersage.
Hatte ich ja auch zweifellos. Aber kann mir auch gut vorstellen, dass sogar noch ein PC-Song kommen wird.
Zitat von Lyricrose im Beitrag #24
habe ich jetzt eher so verstanden wie der Mensch, der es auf genius annotiert hat:Zitat
Das lyrische Ich erlaubt es seiner Freundin, auch männliche Freunde zu haben, da es sie nicht in ihrer Wahl ihres Freundeskreises beschränken möchte.
Des Weiteren ist ein Treueeid in einem Umfeld ohne andere potentielle Partner (wie etwa ein Gefängnis) wertlos – wie soll man zeigen, dass man ihn einhält?
als das ich darin eine "offene Beziehung" oder Polygamie lese. Ist aber vllt auch Interpretationsspielraum.
Es freut mich immer sehr, wenn Menschen meine Annotations mögen. :)
Es ist nur manchmal so super schwierig in Worte zu fassen.. Ich habe durchaus auch an offene und/oder poly(game/amore) Beziehungen gedacht, aber das passt nicht wirklich mit dem Treueeid und dem restlichen Kontext zusammen.
Wie gesagt, ich glaube man kann beides drinn lesen^^
entweder sagt man eben:
Na ja das Versprechen nicht fremd zu gehen ist nichts wert, wenn sie keinen Kontakt zu anderen Männern haben darf (also im "Gefängnis" nichts wert und erst dann was wert wenn theoretisch die Möglichkeit bestehen würde fremd zu gehen, sie sich aber bewusst dagegen entscheidet^^
oder man sagt halt der Treueeid an sich ist nichts wert/unnötig/überflüssig.
People change people.
Ist mit Gefängnis nicht einfach nur die Ehe gemeint? Hatte ich so zumindest verstanden.
Solidaritäter.
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